Gesprächsbedarf im Container
Flüchtlinge machen von der ehrenamtlichen wöchentlichen Sprechstunde regen Gebrauch

In der Containerunterkunft in der Industriestraße 2 geht es dienstagabends zu wie in einem Taubenschlag. Es ist ein Kommen und Gehen. Die Geräuschkulisse ist lebhaft. Eine Handvoll Kulturen sind hier versammelt. Sylvia Reiner und Gerlinde Kiefer sitzen in einem Raum im oberen Stockwerk an einer Tischreihe. Auf der anderen sitzen und stehen Flüchtlinge, die Anfang November nach Schwaigern gekommen sind.
Wünsche Sie kommen mit Wünschen oder Problemen zu den Ehrenamtlichen, die hier eine Sprechstunde anbieten. Falah Khafaji möchte gerne Tischtennis spielen. Das lässt sich machen, denn der TSV Stetten hat signalisiert, dass sportinteressierte Flüchtlinge dies gerne bei ihnen tun können. Sylvia Reiner begleitet den Iraker zum ersten Besuch in Stetten am Donnerstagabend. Anschließend muss er sich selbst entsprechend organisieren. "Wir wollen, dass sie lernen, sich selbst zurechtzufinden", sagt Sylvia Reiner.
Einem jungen Flüchtling müssen die Ehrenamtlichen ziemlich gut zureden, damit er sich zutraut, ohne Begleitung zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen. Ahmed Al Tfade möchte gerne in ein anderes Zimmer wechseln. Er arbeitet als Landschaftsgärtner und muss morgens früh raus. Seine Mitbewohner haben ganz offensichtlich einen anderen Lebensrhythmus. Außerdem ist er Nichtraucher im Gegensatz zu den Mitbewohnern. Das Problem ist an diesem Abend nicht zu lösen. Die Sozialarbeiterin soll später mit eingebunden werden.
Die rund 50 Flüchtlinge im Gewerbegebiet kommen aus Syrien, dem Irak und dem Iran. Obay Alrashed ist ein syrischer Ingenieur. Er ist engagiert, möchte helfen und ist bereits beim Besuchsdienst dabei.
Wichtig ist in dieser Phase, die Sprachbarrieren abzubauen. "Wir schauen, dass sie in den Schule kommen", sagt Gerlinde Kiefer. Oft sind die Sprachkurse allerdings schon voll. Diesmal jedoch gibt es die Gelegenheit, an einem Kurs teilzunehmen. Viele wollen in die Sprachkurse, um dann einen Job zu bekommen und Geld zu verdienen, das sie dann ihren Familien schicken oder einfach nur, um eine Wohnung mieten zu können. In Schwaigern sind die Ehrenamtlichen recht gut aufgestellt. Diesmal hat Sylvia Reiner, die seit 2015 im Arbeitskreis mit dabei ist und seit November für die wöchentlichen Sprechstunden zuständig ist, nicht nur Unterstützung von Gerlinde Kiefer. Auch Karin Haug ist an diesem Abend in der Unterkunft unterwegs. Sie ist gefragt, wenn es um die Anerkennung von Zeugnissen geht. "Wir haben gemerkt, dass wir mit dem Patensystem überfordert waren, seitdem die neuen Flüchtlinge bei uns in der Stadt sind", hat Anna Münzing, Koordinatorin des Arbeitskreises, festgestellt. Denn bis dahin hatten Ehrenamtliche Patenschaften übernommen, um Ansprechpartner für die Flüchtlinge zu haben.
Spezialisten Inzwischen haben sie viele Spezialisten. Zu ihnen zählt auch Nicole Goldfuß. Sie spricht arabisch und bietet sich als Dolmetscherin an. Der türkischstämmige Haydar Aydin ist der fünfte Ehrenamtliche an diesem Abend im Bunde und der einzige Mann. Aydin bringt sich ebenfalls engagiert mit ein.
"Häufiger gibt es Probleme mit unserem Zahlungssystem", erzählt Sylvia Reiner. Aber auch ein von einem potenziellen Arbeitgeber geforderter Führerschein als Voraussetzung für eine Anstellung ist eine Herausforderung. Denn ihre Fahrerlaubnisse werden in Deutschland laut Kiefer nicht anerkannt. Die Flüchtlinge müssen den Führerschein selbst finanzieren. Doch das Geld dafür haben sie noch nicht.
Bericht von Friedhelm Römer, Heilbronner Stimme 11.02.2017