Munterer Austausch beim Mittwochstreff
Schwaigern Vor allem Asylbewerber aus Eritrea nehmen Angebot wahr und kommen mit der Bevölkerung in Kontakt

Mittwochs ist neuerdings eine Menge Leben in der Bude. Der sogenannte Mittwochstreff, an dem Asylbewerber und Schwaigerner Bürger im Vereinsgebäude an der Heilbronner Straße zusammenkommen, findet einen großen Anklang.
20 bis 30 Teilnehmer sind nachmittags von 15 bis 17 Uhr dabei, um Spaß zu haben und soziale Kontakte zu pflegen. "Das ist ein niederschwelliges Angebot, um sich kennenzulernen", sagt Petra Wiedmann. "So etwas wie Jungschar für Erwachsene."
Ballspiele Vor allem Eritreer nehmen seit März dieses Angebot wahr. Auch ein Syrer ist hin und wieder dort. Eine Gruppe Kosovo-Albaner sei vor einigen Wochen einmal dabei gewesen. Nun tauchen sie nicht mehr auf. Auf einen Asylbewerber kommt in der Regel ein Schwaigerner. Sie bilden einen Stuhlkreis und spielen "Ich packe meinen Koffer". Sie bilden zwei Mannschaften und machen Ballspiele oder sie kegeln.
Wichtig ist vor allem, dass gesprochen wird. Jeder, egal ob Asylbewerber oder Schwaigerner, muss beispielsweise die Anzahl seiner gefallenen Kegel laut und langsam zählen. Die Eritreer lernen auf diese Weise recht anschaulich die deutschen Begriffe für Zahlen, Farben und Gegenstände. "Für sie ist es ein Deutschkurs. Für mich ist es Spaß", sagt Petra Wiedmann.
Räumlichkeiten Zu Beginn des Jahres reagierte sie auf einen Aufruf im amtlichen Mitteilungsblatt. Die Stadt suchte Ehrenamtliche, die bereit wären, sich in der Arbeit rund um die in Schwaigern untergebrachten Flüchtlinge zu engagieren. Die Räumlichkeiten für diesen Treff stellt die Stadt zur Verfügung. Das Vereinsgebäude war seither ohnehin an den Mittwochnachmittagen frei. "Die Flüchtlinge waren am Anfang noch recht unsicher, und wussten nicht genau, was da auf sie zukam", erinnert sich Petra Wiedmann. Die Schwaigerner waren unterdessen neugierig auf die Fremden. "Aber sie wollten nicht in das Übergangswohnheim gehen, um sie kennenzulernen", sagt Wiedmann. Insofern war die Lösung mit dem Vereinsheim naheliegend.
Der Treff versteht sich als offenes Angebot. Wiedmann: "Wir wollen niemanden ausschließen." Vier Eritreer aus Eppingen-Stebbach nutzten den Treff regelmäßig. Inzwischen ist das Quartett ebenfalls in Schwaigern untergebracht. Grundschullehrerin Susanne Holderrieth, die gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen einen von mehreren Deutschkursen anbietet, unterstützt Petra Wiedmann mittwochs hin und wieder. Auch ihrer Einschätzung nach sind die Eritreer sehr motiviert.
"Viele von ihnen sind sehr lernwillig", sagt Uli Zeeh, dem dieser Treff sichtlich eine große Freude bereitet. Er ist überzeugt: "Auf diese Weise lernen sie am besten." Das bestätigt Shifa Saleh. "Es ist schön, weil hier viel gelacht und gespielt wird." Im ausgewiesenen Deutschkurs sei dies weniger der Fall. Er ist seit acht Monaten in Schwaigern. Bisher habe sich bei ihm noch nicht viel getan, was eine Anerkennung betrifft. Und das Übergangswohnheim an der Neipperger Straße sei mit 30 Asylbewerbern inzwischen für seinen Geschmack zu voll.
Schwimmkurs Unterdessen sind die Schwaigerner auch auf anderen Feldern aktiv, um etwas für die Asylbewerber zu tun. Hermann Utz vom Tri Team Heuchelberg hat kürzlich einen Schwimmkurs initiiert. Als man merkte, dass viele Flüchtlinge gar keine Badehose haben, dauerte es nicht lange, da erhielt Utz aus der Bevölkerung heraus massenweise Badehosen. Und wer ihnen sonst noch etwas Gutes tun möchte, der spendet Zehner-Eintrittskarten fürs Schwaigerner Freibad.
Artikel vom 25.07.15, Redakteur Friedhelm Römer, mit freundlicher Genehmigung der Heilbronner Stimme
Stell dir vor, in Deutschland wäre Krieg.
Das Haus, in dem du lebst, ist schwer beschädigt. Du lebst mit deiner Familie im Keller. Es ist kalt. Es gibt keine Arbeit, keine Schulen. Die Krankenhäuser sind in einem erbärmlichen Zustand. In jeder Familie gibt es Tote und Verwundete. Eure einzige Chance ist eine Flucht nach Ägypten, aber das kostet viel Geld, und der Weg dorthin ist lebensgefährlich. Und in Ägypten seid Ihr nicht willkommen, denn es sind viel zu viele Flüchtlinge, die dort ankommen.
Du bist 14 Jahre alt, und du hast keine Zukunft.
Eine beklemmende Vorstellung? Dieses Szenario stammt aus dem Buch „Krieg. Stell Dir vor, er wäre hier“ von Janne Teller.
60 Millionen Menschen sind auf der Flucht, während Sie dies lesen. Sie verlassen ihre Heimat, ihre Familien, alles was sie kennen, und fliehen in eine ungewisse Zukunft. Sie kennen unsere Kultur und unsere Gewohnheiten nicht, sie verstehen unsere Sprache nicht – sie fühlen sich allein.
Wir können an den großen Problemen der Welt nicht viel ändern. Aber wir können den Menschen, die auf ihrer Flucht in Schwaigern ankommen, mit Anstand begegnen und sie auf ihrem Weg unterstützen. Das ist unser Ziel.
Foto rechts: Graffiti-Workshop im Rahmen der JuKuSch unter der Anleitung von Sabine Barth-Ried vom Kinder- und Jugendreferat der Stadt Schwaigern und Emin Hasirci von Eminent UrbanDesign & Workshops